Symptome, Ursachen und Diagnose
Symptome
Das offensichtlichste Symptom einer Patellatendinopathie sind die Schmerzen. Letzten Endes sind sie es, die dich bei deinem Sport/Training einschränken. In der Regel sind sie gut zu lokalisieren und nehmen entsprechend der Belastungsintensität zu. Je intensiver du dich belastest, desto intensiver werden auch die Schmerzen.
In einem sehr frühen Stadium kommt es noch zum so genannten "Warm-up Phänomen". Nachdem du dich warm gemacht und ggfs. gedehnt oder gerollt hast, verschwinden die Schmerzen zunächst, treten aber spätestens beim nächsten Training wieder auf. In diesem frühen Stadium einer Patellatendinopathie reicht meistens eine Belastungsreduktion/Pause noch aus, um wieder schmerzfrei zu werden. Allerdings trainieren die meisten Sportler aus falschem Ehrgeiz/Ego weiter in den Schmerz hinein. 
Mit der Zeit wird die Schmerzreaktion stärker und tritt auch während dem Training auf. Je weiter die Tenidnopathie fortschreitet, desto empfindlicher (reaktiver) wird die Sehne und es kommt bereits bei Alltagsbelastungen wie langem Sitzen oder Treppensteigen zu Schmerzen.
Die Schmerzen bzw. die Schmerzreaktion nach Belastungen wird im Therapieverlauf noch eine zentrale Rolle spielen. Deshalb ist es mir wichtig, dass du verstehst, dass Schmerzen sehr komplex sind. Das Warm-up Phänomen zeigt, dass Schmerzen nicht ausschließlich auf eine Schädigung des Gewebes zurück zu führen sind. Auch nach einem Warm-up ist der Gewebezustand gleich, die Schmerzen nehmen aber ab. Es kommt also zu einer Veränderung der Schmerzwahrnehmung, was vor allem neuronale Ursachen hat. Den analgetischen (schmerzlindernden) Effekt von bestimmten Belastungen werden wir uns in Phase 1 des Kneehab Protokolls übrigens zunutze machen. 
Weitere Symptome einer Patellatendinopathie können eine Erwärmung und eine Schwellung im Bereich der unteren Kniescheibe/Patellasehne sein.
Im nächsten Abschnitt werde ich auf die Ursachen der hier beschriebenen Symptome eingehen und die Veränderungen im Gewebe bei fortschreitender Tendinopathie beschreiben.
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Ursachen
Eine Überlastung der Patellasehne (lat.: Lig. Patellae) am unteren Übergang der  Kniescheibe (lat.: Patella) entsteht in der Regel, wenn die Belastungstoleranz der Sehne wiederholt überschritten wird, ohne dass zwischen den Belastungen ausreichend Zeit für Anpassungen bzw. Regeneration des Sehnengewebes bleibt. In selteneren Fällen können auch einmalige, traumatische Gewalteinwirkungen wie ein Sturz aus großer Höhe die Ursache sein.
Eine Patellatendinopathie entwickelt sich deshalb häufig als Konsequenz von intensiven Trainingsphasen, in denen es zu einem sprunghaften Belastungsanstieg kommt. Typischerweise sind schnelle, dynamische Belastungen wie Sprünge, Landungen, bestimmte Formen des Krafttrainings, Richtungswechsel etc. ausschlaggebend. Bei diesen Belastungen wird ähnlich einem Gummiband Energie in der Sehne gespeichert und anschließend wieder abgegeben. Übersteigt die Intensität (z.B. Trainingsgewicht), das Volumen (z.B. Anzahl der Sprints/Sprünge) und/oder die Frequenz (z.B. Anzahl der Trainingseinheiten/Woche) die Belastungstoleranz des Sehnengewebes, kommt es zu einer pathologischen (krankhaften) Veränderung.
Anfänglich reagiert die Sehne primär mit einer vermehrten Wassereinlagerung (Schwellung). Tritt der überlastende Reiz in kurzen Abständen wiederholt auf, sodass keine Regeneration bzw. Adaption möglich ist, kommt es auch zu zellulären Veränderungen. Hier beginnt das eigentliche Problem von Sehnenpathologien. Die Veränderungen im Sehnengewebe weiten sich aus und führen ins fortgeschrittenem Stadium zu einem Untergang von Zellgewebe (Nekrose), weniger eingelagertem Kollagen und in sehr seltenen(!) Fällen zu einer Ruptur der Sehne. Der Hinweis auf die Möglichkeit einer Ruptur soll dir auf keinen Fall Angst machen. In der Regel wenden sich Athleten erst nach dem Auftreten deutlicher Symptome an mich. Normalerweise nach 6-24 Monaten (teilweise sogar noch später), in denen sie mit Schmerzen spielen/trainieren, ohne dass es zu einer (Teil-)Ruptur der Sehne kam. Aber es zeigt auch, dass die Notwendigkeit besteht, sich dem Problem ernsthaft und nachhaltig zu widmen! 
Zusammengefasst ist also das andauernde Missverhältnis zwischen Belastung (Sport) und Belastungstoleranz (Zustand der Sehne) und die damit einhergehenden Veränderungen im Sehnengewebe ursächlich für die Problematik. 
Differentialdiagnose
Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass dieser Abschnitt in keiner Weise eine fachärztliche Diagnose ersetzen kann oder soll! Ich habe zwar einen sportmedizinischen Hintergrund, bin aber weder Arzt noch Physiotherapeut. Deshalb solltest du vor Beginn des Kneehab Protokolls IMMER einen Arzt aufsuchen, der dir eine zweifelsfreie Diagnose ausstellen kann.
Meiner Erfahrung nach wird eine Diagnose "Patellaspitzensyndrom" aber oft vorschnell gestellt. Um möglichst sicher zu gehen, dass eine Patellatendinopathie die Ursache für deine "Knieschmerzen" ist, gibt es weitere typische Merkmale, die du selbstständig überprüfen kannst. Über diese so genannte Differentialdiagnose kann eine Patellatendinopathie von anderen Krankheitsbildern mit ähnlichen Symptomen unterschieden werden:

  1. Die Schmerzen sollten gut lokalisierbar sein. In den allermeisten Fällen treten sie exakt im Übergangsbereich der Kniescheibe (Patella) in die Patellasehne (Lig. Patellae) auf (Vgl. roter Kreis rechts). Du solltest während einer schmerzauslösenden Belastung mit einem Fingerzeig genau den Ort der Schmerzen bestimmten können.
  2. Die Schmerzen treten vor allem während einer Belastung auf, können aber bei wiederholter Belastung auch temporär zurück gehen ("Warm-up Phänomen", s.o.). 
  3. Dieser Belastungsschmerz ist "Dosis abhängig". Das bedeutet, je mehr die Patellasehne beansprucht wird, desto stärker sind auch die Schmerzen. Zum Beispiel ist der Schmerz stärker, wenn höhere Sprünge oder eine tiefere Kniebeuge ausgeführt werden!
  4. Die Schmerzen treten nicht nur während energiespeichernden Belastungen wie harten Richtungswechseln oder Sprüngen auf, sondern typischerweise zusätzlich zeitverzögert, ca. 24h nach einer solchen Belastung. Diesen Umstand werden wir uns übrigens in der Praxis zunutze machen!
Weitere Krankheitsbilder, die mit "vorderen Knieschmerzen" einhergehen sind:
  • Femoropatellares Schmerzsyndrom (FPS)
  • Plicasyndrom
  • Verletzungen des Hoffa-Fettkörpers
  • Osgood-Schlatter Syndrom
Ich möchte auf diese Krankheitsbilder nicht im Detail eingehen. Sie unterscheiden sich allerdings in der Regel von den oben aufgelisteten Merkmalen einer Patellatendinopathie, sind diffuser und oftmals nicht gut oder an anderer Stelle im Knie zu lokalisieren. Bei Zweifeln solltest du deinen Arzt darauf ansprechen und ggfs. mehr über die entsprechenden Symptome in Erfahrung bringen.
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